Duale Ausbildung in Österreich im Wandel:
- Herausforderungen und Chancen

Die Duale Ausbildung hat in Österreich eine lange Tradition und ist ein wesentlicher Bestandteil des Bildungssystems. Sie bietet jungen Menschen eine solide Grundlage für den Berufseinstieg und trägt maßgeblich zur Fachkräftesicherung bei. Angesichts des tiefgreifenden Wandels, den die Arbeitswelt aktuell durch Digitalisierung, Globalisierung, demografischen Wandel, Klimakrise und neue Arbeitsmodelle erfährt, stellt sich die Frage, welche Veränderungen auf die Duale Ausbildung zukommen. Sie gewinnt unzweifelhaft weiter an Bedeutung, steht aber auch vor neuen Aufgaben. 

In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die aktuellen und zukünftigen Chancen und Herausforderungen.

I. Duale Ausbildung in Österreich im Wandel:
- Herausforderungen und Chancen

Überblick

In einer sich schnell verändernden Arbeitswelt sind gut ausgebildete Fachkräfte gefragter denn je. Diese Nachfrage wird zu einem beträchtlichen Teil durch die Duale Ausbildung gedeckt. Die Duale Ausbildung ist in Österreich weit verbreitet und genießt über die Landesgrenzen hinaus einen hohen Stellenwert. Ihre große Stärke besteht darin, dass sie die praktische Ausbildung im Betrieb mit der theoretischen Bildung in der Berufsschule verbindet. Dadurch erhalten Lehrlinge eine umfassende und praxisnahe Vorbereitung, die sie optimal für ihre berufliche Zukunft und die Herausforderungen eines dynamischen Arbeitsmarktes rüstet. Das große Angebot an Lehrberufen von A wie Applikationsentwickler bis Z wie Zimmerer wird dabei ständig angepasst. Digitale und soziale Kompetenzen sowie die Fähigkeit, sich flexibel an neue Gegebenheiten anzupassen sind heute bereits erfolgsbestimmende Faktoren und nehmen daher auch einen immer größeren Raum in der Lehrlingsausbildung ein. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Duale Ausbildung weiterhin ein wichtiger Faktor für die Fachkräftesicherung und den wirtschaftlichen Erfolg des Landes bleibt und sogar an Bedeutung zunimmt - nicht zuletzt auch als ein mächtiges Instrument zur Abfederung des demografischen Wandels.

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II. Aktuelle Herausforderungen

Die Veränderungen in der Arbeitswelt stellen die Duale Ausbildung vor vielfältige Herausforderungen:

Digitalisierung

Sie ist in aller Munde, und tatsächlich kann man den Einfluss der Digitalisierung auf die Arbeitswelt kaum überschätzen. Dabei birgt sie ein enormes Wachstumspotential für die Wirtschaft. Neue Arbeitsplätze werden geschaffen, aber viele fallen auch der Automatisierung zum Opfer. Tätigkeitsprofile werden neu zusammengesetzt und nehmen an Komplexität zu. Die Duale Ausbildung muss entsprechende geeignete, hybride Qualifikationsbündel schaffen, die Fachwissen des kaufmännischen, rechtlichen oder technischen Bereichs vereinen. Außerdem müssen jene Kompetenzen stärker angesprochen werden, welche von einer Automatisierung unabhängig weiterhin benötigt werden. Das sind soziale Kompetenzen (Einfühlungsvermögen und Kommunikationsfähigkeit, Innovationsfähigkeit und Kreativität), Selbstmanagement und Organisationsfähigkeit sowie logisches und kritisches Denken.

Digitale Kompetenzen

Digitale Kompetenzen sind, mit unterschiedlichen Schwerpunkten, quer über die Berufsgruppen unverzichtbar geworden.

Dazu gehören

  • Computer- und Software-Anwenderkenntnisse (z.B. Microsoft Office, Google Workspace...) sowie Kenntnisse im Dateimanagement.
  • Internet- und Suchmaschinenkompetenz: Recherche, Nutzung und kritische Bewertung von Informationen.
  • Kommunikations- und Kollaborationstools. (E-Mail, Instant Messaging, Videokonferenzen und Projektmanagement-Software): wichtig für die Zusammenarbeit in virtuellen Teams und die effiziente Erledigung von Aufgaben.
  • Cybersecurity-Kompetenzen.
  • Digitale Medienproduktion (für Werbezwecke, Dokumentation, Schulungen...) .
  • Social-Media- Kompetenzen (Facebook, Twitter, Instagram, LinkedIn...)
  • Online-Marketing-Kompetenzen Suchmaschinenoptimierung und -Marketing...).
  • Grundlagen der Datenanalyse und -visualisierung (Tabellenkalkulation, Statistiksoftware oder Business-Intelligence-Tools) als Grundlage etwa für die Kostenberechnung oder die Produktionsplanung.
  • Programmier- und Entwicklungsfähigkeiten einschließlich Web- und App-Entwicklung.
  • Cloud-Computing-Kenntnisse.
  • Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen.

Digitale Lernformate und E-Learning-Tools

Aber auch die Implementierung und Weiterentwicklung digitaler Lernformate und E-Learning-Tools gewinnt in diesem Zusammenhang immer mehr an Bedeutung. Auszubildende können so flexibler und zielgerichteter lernen, Lerninhalte können schneller angepasst und aktualisiert werden, und insgesamt die wird Effizienz des Lernprozesses erhöht.

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Demografischer Wandel

Gekennzeichnet durch eine alternde Gesellschaft bei gleichzeitig sinkender Zahl von Schulabgängern, zwingt der demografische Wandel Unternehmen zu weiterer Rationalisierung und Effizienzsteigerung durch technologische Innovation, aber auch zu einem immer schärferen Wettkampf um die besten Arbeitskräfte.

  • Ein durchdachtes und zielgruppengerechtes Recruiting- sowie Pre- und Onboarding-Konzept - auch zur Gewinnung und Bindung von Lehrlingen - wird zunehmend zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor.
  • Die erwiesene Stärke der Dualen Ausbildung, angehende Fachkräfte gezielt auf die realen Anforderungen der Unternehmen vorzubereiten und sie schnell und effizient in den Arbeitsprozess zu integrieren, macht sie zu einer scharfen Waffe gegen den Fachkräftemangel. Damit sich weiterhin genügend junge Menschen für eine Lehre begeistern, müsen alle beteiligte Akteure daran mitwirken, die Duale Ausbildung attraktiv und zukunftssicher zu gestalten.

Globalisierung

Die international vernetzte Wirtschaft und insbesondere der damit einhergehende Wettbewerb um Fachkräfte erfordern von der Dualen Ausbildung, sich ständig weiterzuentwickeln und an internationalen Standards und Anforderungen auszurichten. Dies betrifft sowohl die inhaltliche Programmatik der Lehrpläne als auch die Möglichkeit, Auslandspraktika und grenzüberschreitende Kooperationen in der Ausbildung zu integrieren. Der Vermittlung von Fremdsprachen kommt in diesem Zusammenhang eine immer wichtigere Stellung zu.

Klimakrise

Die Klimakrise stellt eine wachsende Herausforderung für Gesellschaft und Wirtschaft dar. Nachhaltiges Wirtschaften wird angesichts immer schärferer Umweltauflagen und immer knapper werdender Ressoucen zunehmend zu einer ökonomischen Notwendigkeit und nicht zuletzt zu einem wesentlichen Imagefaktor. Die Duale Ausbildung hat die Verantwortung, ein starkes Bewusstsein für diese Tatsache zu schaffen, umweltbewusste Arbeitspraktiken in den Lehrplänen zu verankern und zukünftige Fachkräfte darauf vorzubereiten, nachhaltige Lösungen in ihren jeweiligen Berufen zu finden und umzusetzen.

Flexibilisierung

Homeoffice, Projektarbeit und andere flexible Arbeitsmodelle prägen die Arbeitswelt zunehmend. Die Duale Ausbildung muss darauf reagieren und angehende Fachkräfte darauf vorbereiten, in solchen Arbeitsumgebungen erfolgreich zu agieren. Die Flexibilisierung muss sich bereits in der Ausbildungsstruktur als solcher wiederspiegelen. Neben der erwähnten Stärkung digitaler Kompetenzen wird sich der Fokus auf Projektarbeit und Eigenverantwortung sowie die Entwicklung von Kommunikations- und Projektmanagementskills richten.

III. Entwicklung und Trends

Digitale Lernformate

"E-Learning" ist ein mittlerweile weit verbreiteter Begriff. Doch der Einfluss der Digitalisierung auf die Bildung muss über Online-Lernplattformen und -kurse hinausgehen und die gesamte Wertschöpfung der Wissensaneignung und -kommunikation erfassen:

  • Im Präsenzunterricht können digitale Medienals didaktisches Werkzeug sowie auch als Recherchequelle eingesetzt werden und so den Unterricht begleiten. Zu unterrichtsbegleitenden Kommunikationszwecken wird auf Lernplattformen im Internet zugegriffen, bei denen die Auszubildenden außerhalb der Schulzeit die Möglichkeit haben, mit anderen Lernenden bzw. der Lehrkraft in Kontakt zu treten.
  • Beim "Blended Learning" dienen die Präsenzphasen in erster Linie dem gegenseitigen Kennenlernen der Lernenden und dem Erfahrungsaustausch über Diskussionen sowie der gezielten Unterstützung von Lehrlingen mit Defiziten, während sich die Remote-Lernphasen zum Wissenserwerb und zur Entwicklung eines individuellen und selbstgesteuerten Lernens eignen.

Vermittlung digitaler Kompetenzen

Wie Eingangs erwähnt, ist die Vermittlung digitaler Kompetenzen entscheidend, um die Lehrlinge auf die Anforderungen der modernen Arbeitswelt vorzubereiten. Hier sind einige Handlungsfelder, auf die Lehrbetriebe sich konzentrieren sollten:

  • Analyse der für den jeweiligen Bereich relevanten digitalen Kompetenzanforderungen.
  • Anpassung der Lehrpläne und der betrieblichen Ausbildung an digitale Inhalte.
  • Bereitstellung von digitaler Infrastruktur (Computerausstattung, Software, Internetzugang und digitale Lernplattformen).
  • Weiterbildung der Ausbilder, um sicherzustellen, dass auch sie auf dem neuesten Stand der Technik und der digitalen Entwicklungen sind.
  • Praxisorientierte Vermittlung etwa durch Einbindung realer Projekte oder die Nutzung von Simulationssoftware.
  • Förderung von Eigeninitiative: Bereitstellung von Lernressourcen, Schaffung von Lerngruppen oder auch Ermutigung zur Teilnahme an Online-Kursen.
  • Evaluierung und kontinuierliche Verbesserung: Feedbackgespräche mit den Lehrlingen, Analyse von Prüfungsergebnissen...

Förderung von Diversität

In einer globalisierten Arbeitswelt sind interkulturelle Kompetenzen ein wichtiger Erfolgsfaktor. Der Arbeitskräftemangel macht den Zustrom von Arbeitskräften aus anderen Ländern zu einer Notwendigkeit. Diversität wird zunehmend als wertvolle Quelle für Kreativität und Innovation erkannt. Mögliche Handlungsfelder sind:

  • Sensibilisierung und Wertschätzung von Diversität / kultureller Vielfalt sowie Einüben von Konfliktlösungsstrategien mithilfe von Schulungen, Workshops und Informationsveranstaltungen.
  • Schaffung eines inklusiven Arbeitsumfelds mithilfe von Antidiskriminierungsrichtlinie und Teambuilding-Maßnahmen.
  • Integration interkultureller Kompetenzen in der betrieblichen Ausbildung durch interkulturelle Teamarbeit in gemeinsamen Projekten und Arbeitsgruppen.
  • Sprachliche Unterstützung für Lehrlinge mit Schwierigkeiten in der Landessprache (Sprachkurse, Sprachpartnerschaften...)
  • Vermittlung von Fremdsprachen in Theorie und beruflicher Praxis.
  • Austauschprogramme, Auslandspraktika oder Projekte in internationalen Teams.
  • Förderung von Diversität bei der Rekrutierung durch neue Rekrutierungsstrategien und gezieltem Marketing.

Vernetzung der Akteure

Eine enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Berufsschulen sowie anderen Bildungspartnern zum Austausch von Best Practices und Erfahrungen ist für die Sicherung und Steigerung der Ausbildungsqualität grundlegend. Wichtige Kooperationsbereiche sind:

  • Die Aktualisierung der Lehr- und Ausbildungspläne.
  • Die Förderung von lebenslangem Lernen (Fortbildungsveranstaltungen, Austausch mit anderen Ausbildern und Bildungspartnern).
  • Die Internationalisierung der Ausbildung einschließlich der Integration von Auslandserfahrungen: Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen und internationalen Geschäftspartnern.
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V. Fazit

Die Duale Ausbildung ist unverändert ein wichtiger Pfeiler für die Fachkräftesicherung und damit für den wirtschaftlichen Erfolg des Landes. Eine Arbeitswelt im Wandel fordert von den beteiligten Akteuren große Innovationsschritte. Strukturen, Inhalte, Methoden und eingesetzte Mittel - fast jeder Aspekt der Dualen Ausbildung wird von der Transformation erfasst.

Konkret geht es vor allem um die verstärkte Integration digitaler Kompetenzen und Lernformate, die Förderung von Flexibilität und Projektarbeit, die Anpassung an internationale Märkte sowie die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Dazu ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Berufsschulen und anderen Bildungseinrichtungen unerlässlich. Die Förderung von interkultureller Kompetenz und Diversität sichert zukünftige Innovationskraft und kreatives Potential. Unternehmen, Ausbilder, Berufsschulen und die Politik sind gleichermaßen gefordert, die notwendigen Veränderungen aktiv voranzutreiben und die Chancen der aktuellen und zukünftigen Entwicklungen zu nutzen.

Bernd Ahrens
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Bernd Ahrens
CEO Bildungsmanufaktur® Österreich
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